Eine neue Chance für das ehemalige Schweizer Herrenhaus Pihtla auf Saaremaa
Das einst prächtige Herrenhaus Pihtla auf der estnischen Insel Saaremaa, das im frühen 20. Jahrhundert dem Schweizer Käsefabrikanten Albert Schlup gehörte, hat eine bewegte Geschichte hinter sich. Nach Jahrzehnten des Verfalls und teilweisen Abrisses gibt es nun Hoffnung auf eine Wiederbelebung des historischen Anwesens.
Eine wechselvolle Geschichte
Die Geschichte des Herrenhauses Pihtla reicht bis ins frühe 16. Jahrhundert zurück, als es im Besitz der Familie Vietinghoff war. Im Laufe der Jahrhunderte wechselten die Besitzer mehrfach, darunter auch der dänische Ratsherr Harald Brakel und die Familie Anrep. Im Jahr 1903 erwarb der Schweizer Käsefabrikant Albert Schlup das Anwesen und prägte dessen Geschichte maßgeblich.
Nach dem Ersten Weltkrieg diente das Herrenhaus als Schule und wurde später vom estnischen Staat enteignet. Während der Sowjetzeit wurde das Gebäude für verschiedene Zwecke genutzt, darunter als Gestüt, Obstgarten und Wohnhaus. Nach der Wiedererlangung der estnischen Unabhängigkeit wurde das Herrenhaus an die Nachkommen der Familie Schlup in der Schweiz zurückgegeben.
Der Verfall und die Hoffnung auf Wiederbelebung
In den letzten Jahrzehnten verfiel das Herrenhaus zusehends. Das Dach stürzte ein, Wände brachen zusammen und das Innere wurde von Trümmern bedeckt. Im Jahr 2016 wurden die hölzernen Seitenflügel des Herrenhauses abgerissen, was den Verfall weiter beschleunigte.
Anfang dieses Jahres erwarb die Familie Sepp das Anwesen und gründete den gemeinnützigen Verein Pihtla Manor. Mit ehrenamtlicher Hilfe haben sie bereits erste Aufräumarbeiten durchgeführt und das Gelände von Gestrüpp befreit. Die neuen Besitzer hoffen, das Herrenhaus zumindest vor dem vollständigen Verfall bewahren zu können.
Ein Blick in die Zukunft
Die Familie Sepp plant, das Herrenhaus zu konservieren und möglicherweise in Zukunft wiederherzustellen. Sie haben bereits mit der Dokumentation der Geschichte des Anwesens begonnen und sind auf der Suche nach historischen Fotos und Dokumenten.
Die örtliche Bevölkerung ist optimistisch, dass die neuen Besitzer das Herrenhaus vor dem endgültigen Verfall retten können. Das Engagement der Familie Sepp und die Unterstützung der Freiwilligen geben Anlass zur Hoffnung, dass das Herrenhaus Pihtla in Zukunft wieder in altem Glanz erstrahlen wird.
Historischer Hintergrund:
- Zu Beginn des 16. Jahrhunderts befand sich das Gut Pihtla im Besitz der Familie Vietinghoff, genauer der Pihtla-Linie von Christoph Vietinghoff dem Älteren, Christoph Vietinghoff dem Jüngeren und Otto Vietinghoff.
- Im Jahr 1590, während der dänischen Herrschaft über Saaremaa, wurde Harald Brakel, der als Ratsherr von Saaremaa tätig war, als Gutsbesitzer verzeichnet. Ende des 16. Jahrhunderts wurde das Gut an Reinhold Anrep verkauft, dem auch Tagamõisa und Rootsiküla gehörten.
- Ab 1818 gehörte das Gut Pihtla Johann Christopher von Nolcken und seinen Erben. 1893 nahm die Gehörlosenschule von Saaremaa ihre Tätigkeit in Mieträumen des Gutes auf. 1903 erwarb der aus der Schweiz stammende Käsemeister Albert Schlup das Gut.
- 1929 wurde das Gut vom estnischen Staat enteignet, und ab 1940 gehörte es zusammen mit den Ländereien Sowjetestland.
- Nach der Wiedererlangung der estnischen Unabhängigkeit wurde das Gut an die in der Schweiz lebenden Nachkommen der Familie Schlup zurückgegeben. 2018 kaufte OÜ Beth-El das Gut.
Foto: Ulv795, Wikimedia Commons
QUELLE: Wikipedia, Saarte Hääl