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Eine grosse Gestalt, erster Schweizer Flüchtlingsdelegierter hat die Schweiz geprägt und nun verlassen

Peter Arbenz (23.August1937 - 3.September 2023) ist im Alter von 86 Jahren verstorben.

Er war Vater dreier erwachsener Söhne, Grossvater von sieben Enkeln. Mit ihm ist eine charismatische Persönlichkeit mit ausserordentlichem menschlichem und fachlichem Format in die Ewigkeit abberufen worden. Seine Verdienste sind immens. Peter Arbenz galt als eine bedeutende Persönlichkeit, die zeitlebens ein Kämpfer, ein geschickter Netzwerker, ein erfahrener Diplomat und ein guter Stratege war. Sein Engagement und seine Bekanntheit erstreckten sich über lokale, nationale und internationale Ebenen. 

Von 1977 bis 1986 war Arbenz Winterthurer Stadtrat. 1986 ernannte ihn der Bundesrat zum ersten Delegierten für das Flüchtlingswesen und nach dessen Gründung zum Direktor des Bundesamtes für Flüchtlinge. Als Milizoffizier diente er 45 Jahre in der Schweizer Armee, kommandierte bis zur Armeereform die 1. und 6. Infanteriedivsion, zuletzt wirkte er als Stv. Kommandant des Feldarmeekorps 4. 

Nach seinem Ausscheiden im Jahr 1993 aus seiner Position als Verantwortlicher für Flüchtlingsangelegenheiten des Bundes fand er sich in verschiedenen Rollen. Er agierte als politischer Berater, Entwicklungshelfer und 1994 inspizierte als Generalinspektor der UNO- Schutztruppen im ehemaligen Jugoslawischem Bürgerkrieg. 

1996 war er persönlicher Berater des damaligen Schweizer OSZE-Präsidenten zur Durchführung der nationalen Wahlen in Bosnien und Herzegowina. Nebst seinen beruflichen Aktivitäten übernahm er häufig ehrenamtliche Aufgaben etwa als Präsident der schweizerischen Arbeitsgemeinschaft für Demokratie, der Schweizerischen Offiziersgesellschaft, der Entwicklungs-organisation HELVETAS Swiss Intercooperation und Mitglied des IKRK. Und um die Jahrtausendwende nahm Peter Arbenz sich noch einmal ein ganz anderes Arbeitsfeld vor: Er wurde zum Troubleshooter und Sanierer der Pensionskasse des Bundes, die wegen Misswirtschaft und unfähigen Managements in Schieflage geraten war. Bleibt zu ergänzen, dass Brigadier Arbenz bis fast zuletzt in zwei, drei Dutzend Firmen und Gesellschaften in führenden Funktionen tätig war. So etwa war er als Präsident der Bundesfeierkommission noch am 1. August dieses Jahres an vorderster Front in Winterthur im Einsatz.

Arbenz liebte auch Estland und hat es einige Male besucht. Als ein wichtiger Gesprächspartner für Menschen in verantwortungsvollen Führungspositionen unterstützte Peter Arbenz das Wirken unserer Handelskammer. Das erste Mal hat er Tallinn und der Insel Hiiumaa im August 2001 einen Besuch abgestattet. In einem dreitägigen Kurzurlaub, zum Teil gemeinsam mit seiner Gattin Heidi zu Pferde, überzeugte er sich von der Schönheit der estnischen Landschaft. Sein Sohn Andi, der Heimtextilien aus Estland in die Schweiz importiert, war mit von der Partie.

Im Oktober 2013 fand in der estnischen Nationalbibliothek eine bemerkenswerte Begegnung zwischen Peter Arbenz und dem damals amtierenden Chef der estnischen Streitkräfte, Generalmajor Riho Terras, auf Initiative der deutschsprachigen Lesesäle und der SBCC mit Unterstützung von der Schweizer Botschaft mit Sitz in Riga und der Firma Trüb Baltic statt. Anschliessend zum Vortrag von Arbenz “Die Schweizer Armee im Umbruch – Sicherheitspolitik eines neutralen Kleinstaates in Europa“ gab es ein Podiumsgespräch zwischen dem estnischen General und dem Schweizer ExBrigadier. Moderiert wurde das Podium vom Schweizer Honorar-Generalkonsul Andreas Lehmann, damals Geschäftsführer des Schweizer Unternehmens Trüb Baltic, welches für die estnische Bevölkerung neben anderen Sicherheitsdokumenten die IDKarten und Führerscheine produzierte.

Die Kernbotschaft der Veranstaltung, in Kürze zusammengefasst: “Wie die Sicherheitslage in zehn, zwanzig Jahren für Kleinstaaten wie die Schweiz und/oder Estland aussehen wird, weiss niemand. Estland mit seinen 1,3 Millionen Bewohnern auf 45 000 Quadratkilometern oder die Schweiz und ihre Nachbarn, die unter zunehmendem Druck beispielsweise durch anschwellende Emigrationsbewegungen aus Bürgerkriegs und Armutszonen erleben und sich damit um ein kreatives menschenwürdiges Denken und flexibles Handeln bemühen sollten. Wie können wir in der Zukunft unsere freiheitlichen Selbstverwaltungen schützen, ohne von Grossmächten schleichend unserer Freiheitsrechte durch neue einschränkende Regeln beraubt zu werden? Immer deutlicher wurden gegen Ende des Vortrages die brennenden Fragen.” Zum Ende der Veranstaltung hatte die Schweizer Botschaft zu einem Apero mit einem Buffet geladen. Es wurde eifrig diskutiert und im Nachhinein war zu erfahren, dass der Auftritt von Peter Arbenz einen starken Eindruck bei den Zuhörern hinterlassen hat.

Wir werden Peter Arbenz in respektvoller, tiefer Erinnerung behalten. Wir sind stolz und glücklich darüber, ihn gekannt zu haben, und sind ihm zutiefst dankbar für seine Ratschläge, sein tatkräftiges Engagement und die gemeinsame Zeit. Arbenz war ein visionärer Anführer, ein wahrer Menschenfreund, ein Problemlöser - ein Mann von Welt. 

QUELLE: SBCC / Archivmaterial / Privatkollektion Fam. Arbenz und SBCC